Drei Tage LEARNTEC waren für mich eine spannende produktive Veranstaltung, die noch länger hätte sein können. Trotz guter Vorbereitung mit der sehr hilfreichen LEARNTEC-App fiel es schwer, aus dem ausgesprochen umfangreichen (zeitlich parallelen) Angebot von Kongress, Messe und Sonderveranstaltungen eine Auswahl zu treffen. Es waren viele Kolleginnen und Kollegen der Universität Heidelberg dabei, und wir werden im Anschluss an die LEARNTEC sicher noch den einen oder anderen Austausch zur LEARNTEC haben.
Was macht die LEARNTEC aus?
Für mich gibt es da zwei Highlights, die ich bei anderen Fachveranstaltungen so nicht sehe:
- Der Technikschwerpunkt mit neuen Entwicklungen zum Ansehen & Ausprobieren in Fachmesse und Vorträgen - Denn E-Learning ohne einen Überblick über Technik und Technikverständnis zu haben ist nur die halbe Sache.
- E-Learning im Unternehmensumfeld - Im Vergleich zu Hochschulen stecken doch oft andere Etats dahinter, die dann Manches möglich machen (was erst Jahre später im Hochschulbereich zum Einsatz kommt)
Was war dieses Jahr DER Technik-Trend?
Im Vorfeld war es ja schon angekündigt und im Programm und Messe-Sonderbereich gut berücksichtigt: Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR). Hier gab es ein Angebot sowohl für Anfänger als auch schon etwas Erfahrenere - mein Highlight war der Kongress-Vortrag von Torsten Fell, der auch das äußerst lesenswerte Online Magazin www.immersivelearning.news mit der Bündelung von weltweiten News betreibt.
Die Entwicklung der VR-Hardware ist (wie bei Technik ja nicht ungewöhnlich) äußerst schnell und so ist zu erwarten, dass die technisch überzeugenden stationären VR-Erlebnisse bald unabhängig(er) vom Rechner werden. Eine übliche Lernzeit in VR von 10-20 Minuten gehört in Unternehmen zu einem betreuten Lernarrangement; VR-Trainings zur Bedienung von Maschinen/Technik dienen als gute Vorbereitung (aber nicht Ersatz) des echten Trainings in realen High-Risk-Umgebungen.
Für Unternehmen spielt insbesondere Augmented Reality in Form der HoloLens-Brille zunehmend eine Rolle.
Angenehm überrascht war ich von der großen Zahl der Agenturen und auch Anbieter von Software, was mir die Möglichkeit zu einigen Messegesprächen gab. Vielfach bewegt sich die Autorensoftware im Bereich (interaktiver) 360 Grad-Bilder/-Videos, was ich auch für einen guten niederschwelligen Einstieg halte. Für E-Learning-Akteure noch eher ungewohnt ist die Arbeit mit 3D-Modellen. In den Kongress-Vorträgen zu didaktischen Konzepten in VR/AR habe ich einige Anregungen erhalten und kann das auch gut für meinen Kurs zu AR/VR verwenden, den ich im Rahmen des “Internen Bildungsprogrammes der Universität Heidelberg” (Link: https://www.uni-heidelberg.de/studium/imstudium/elearning/schulungen.html) anbiete. Detailliertere Infos und auch Möglichkeit zum Ausprobieren von Mobile AR/VR dann also bei uns im März 2019!
Das kostenlose LEARNTEC-Angebot einer “Guided Tour” zum Themenbereich AR/VR habe ich heute Mittag gerne wahrgenommen, und innerhalb einer guten Stunde konnten wir die 11 Messestände des “AR/VR Forums” in Halle2 besichtigen und Kurzpräsentationen der Aussteller erhalten - ein äußerst produktives Format. Bei meinem Rundgang in Vortragspausen hatte ich bis dahin längst nicht alle dieser Aussteller besuchen können, dafür aber bei einigen die VR-Produkte mit VR-Brille direkt ausprobieren können - bevorzugt vor 10 Uhr morgens, denn für den Rest der Tage waren die Stände sehr umlagert.
Modern Workplace Learning
Dieser mit internationalen Vorträgen besetzte Kongress-Strang begann mit einem Überblick durch Jane Hart, die vielen sicher bekannt ist von den “Top Tools for Learning” und die anhand von vielen anschaulichen Statistiken den anstehenden Wandel und Prognosen charakterisierte: “knowledge doubling in 11-12 hours”, “college degree out of date before the loan is paid off”, “a life of jobs - 17 jobs in 5 different industries” (… für derzeit 15-Jährige), “traditional workplace learning model is no longer up to the job”, “modern workplace learning model = curating web content, helping learners become independent continous learners, helping managers and teams learn from daily work and share experiences”. Clark Quinn hat zu Jane Harts Vortrag eine Mindmap erstellt, die man hier findet: https://blog.learnlets.com/2019/01/jane-hart-learntec2019-mwl-opening-mindmap/
Sehr gut fand ich auch den Vortrag von Donald Clark zu Chatbots, der mit umfangreichen Hintergrundinfos und Beispielen aufwartete. Hier nur soweit der Hinweis, dass AI eine große Rolle spielt und es viele denkbare Einsatzgebiete gibt: Onboarding Bots, Learner Engagement Bots, Learner Support Bots, Invisible LMS Bots, Mentor Bots, Practice Bots, Assessment Bots, Wellbeing Bots. Donald Clark ist schon lange am Thema dran, hier der Link zu einigen seiner Blogbeiträge: https://donaldclarkplanb.blogspot.com/2018/09/chatbots-gamechanger-in-learning-big.html und http://donaldclarkplanb.blogspot.com/2019/01/10-things-you-need-to-know-to-before.html
Mit Industrie 4.0 habe ich normalerweise nichts zu tun, aber auch hierzu konnte man auf der LEARNTEC den Horizont erweitern (s. Link zu einer E-Learning-Demo).
Aus Zeitgründen konnte ich von diesem Strang dann nur noch die Abschlussveranstaltung “How do we help our organizations break out of the traditional training mindset and embrace a new world of workplace learning?” im Open Fishbowl Format besuchen: Auch dieser Einblick in Abschlussstatements von Jane Hart, Clark Quinn, Harold Jarche und Charles Jennings sowie mehrerer Teilnehmer aus dem Unternehmensumfeld war ein Gewinn.
Und die Hochschulen?
In den letzten Jahren hat die LEARNTEC den Bereich university@LEARNTEC geschaffen und deutlich ausgebaut, so dass dieses Jahr sogar zwei ganze Tage lang ein umfangreiches Vortragsprogramm angeboten wurde (Übersicht):
- Am Dienstag 29.1.19 im Kongressbereich Ost im Rahmen der Tagung “Digitale Hochschule” (Link zur Ankündigung von e-teaching.org) mit der Zielgruppe Hochschul-Leitungen (und knapp 200 Anmeldungen), thematisch im Bereich Strategie und Herausforderungen angesiedelt.
Ada Pellert, Rektorin der FernUni Hagen, stellte in ihrem Vortrag 7 Thesen zur Digitalisierung der Lehre vor: 1. Lehre wird transparenter / 2. Lernen wird individualisierter und kollaborativer / 3. Studierende sind mehr denn je auf Medienkompetenz angewiesen / 4. Die Rollen von Lehrenden werden vielfältiger / 5. Hochschulen werden BegleiterIn und PartnerIn des Lebenslangen Lernens / 6. Hochschulen werden sich gegenüber neuen Zielgruppen öffnen / 7. Hochschulen müssen sich an Debatten über Gestaltung des Digitalen Wandels beteiligen
Natürlich wurde auch über das am morgigen 1. Februar 2019 offiziell an den Start gehende HFDcert gesprochen. Die Idee dahinter ist, dass alle, die sich im Bereich innovativer und digitaler Lehre engagieren, dadurch ihr Engagement sichtbar machen können, d.h. es geht einerseits um Anerkennung von E-Learning-Aktivitäten und andererseits um noch bessere Vernetzung der Akteure.
- Am Mittwoch 30.1.19 im Branchenforum university@LEARNTEC mit ganz konkreten Erfahrungsberichten zu verschiedensten E-Learning-Themen.
Baden-Württemberg hat ja mit dem HND-BW (Hochschulnetzwerk Digitalisierung der Lehre) ein breites Netzwerk der Landeshochschulen geschaffen, und hieraus resultierende Dinge wie der Landes-OER-Serverdienst “ZOERR” oder die Ringvorlesung zur Qualifizierung von Lehrenden (Link zu Prezi) erhielten hier einen Raum für Erfahrungsberichte.
Erfreulich: Bei meinen zahlreichen Gesprächen mit Firmen an Messeständen war positiv festzustellen, dass die meisten einen EDU-Rabatt gewähren, was kommerzielle Software/Hardware dann erschwinglich(er) für Hochschulen macht.
Der Hochschulbereich zeigte auch im Messesonderbereich “AR /VR Forum” Präsenz: Am dritten Messetag stellte Raphael Zender, Uni Potsdam, die Aktivitäten des auf der DeLFI 2017 gegründeten und der Gesellschaft für Informatik zugeordneten Arbeitskreises “VR/AR Learning“ vor. Dieser Arbeitskreis beschäftigt sich aus wissenschaftlicher Sicht mit Lehren und Lernen mit VR/AR-Technologien (Entwicklungen, Herausforderungen, Trends). Rolf Kruse, FH Erfurt, nannte in seinem Vortrag einige Hochschulbeispiele und ging auch auf die Fragen “Was existiert schon?” (z.B. seien die Vorteile von Immersive Learning deutlich) und “Was fehlt noch?” (z.B. breite Kenntnisse über die Möglichkeiten, Geräte mit besserer Haptik, Entwicklung und Anwendung didaktischer Methoden) ein.
Zeit für Austausch
Gelegenheit zum Austausch/Treffen gab es häufig; trotz großer Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen traf ich häufiger auf E-Learning-Kolleginnen und Kollegen aus BW und Deutschland. Auch die eine oder andere Uni-Heidelberg-Angelegenheit wurde mit lokalen Partnern besprochen, sicher auch gefördert durch das motivierende Umfeld.
Ich nehme sehr viel von der LEARNTEC mit und habe eine umfangreiche ToDo-Liste, um das Erfahrene und Gelernte zu vertiefen.